Des Züchters Alptraum ist ein Floh

Herr X ruft an.

 

Nehmen wir einmal an Sie wären ein Katzenzüchter und würden bei Ihrem preisgekrönten Kater einen Floh entdecken ? Einfach so und nur durch Zufall. Dabei hatte auch dieser Tag angefangen wie jeder andere. Der bekannte Züchter Herr X aus Y bemühte sich wie immer um sie und nach einigen netten Gesprächsrunden am Telefon sagten sie ihm zu, dass er seinen Euro Champion Siglinde von der Haselweide von ihrem Internationalen Champion Rufus vom Grenzland einmal decken lassen darf.

Anschliessend haben sie sich vielleicht einen Kaffee gekocht, die Katzenkämme geschnappt und sind mit all dem gut gelaunt zu Rufus gegangen. Schliesslich fühlten sie sich geschmeichelt, weil Herr X ja nicht jeden um diesen Gefallen bittet und durch die Hochzeit der beiden edlen Katzen würde ihr Bekanntheitsgrad in Insider Kreisen sprunghaft nach oben steigen.

 

Das Verhängnis nimmt seinen Lauf

 

Rufus sitzt wie immer mit geschwellter Brust auf seinem Kissen und maunzt ihnen erwartungsvoll entgegen. Bei ihm angekommen würden sie ihm mit einem feinen Kamm vorsichtig durch sein silberfarbenes Fell fahren und plötzlich hätte sich ein kleiner schwarzer Punkt in den länglichen, hellen Kunststoffzacken verfangen.

Ein unverfrorenes, dunkles Nichts, welches sehr schnell lebendig wird und mit einem riesen Sprung wieder zwischen die seidigen Katzenhaare gelangen will, was ihm auch gelingt. Vor Entsetzen gelähmt starren sie die Stelle an auf der es sich eifrig in die helle Unterwolle wühlt. Das Pünktchen. Rufus zuckt derweil mit seinem Nackenfell. Seine edlen Ohren zittern im Takt mit. Wertvolle Sekunden vergehen.

 

Reden ist silber, Schweigen ist gold.

 

Da! Der meistens aushäusige, EKH Kater Bobo kratzt sich ausgiebig mit der Hinterpfote am Hals. Gefährlich nahe bei Rufus sitzend. Und hier! Waldi, der Dackel schabt ebenso an seinem Lederhalsband und schüttelt dann ausgiebig seinen Kopf. So, dass die langen Ohren aneinander patschen. Nun denn...

Salopp ausgedrückt würde ich sagen, dass sie bereits jetzt geliefert sind, wenn Sie nicht

ab der Stunde des Entdeckens von hupfendem Geziefer in ihrem Bestand schweigen wie ein Grab.

 

Denn es gibt andere Züchter, die nur darauf warten eine Neuigkeit wie diese waldbrandartig auf Ausstellungen und per Telefon zu erzählen. Und eine Art Feuer würde das schon auslösen, denn solche Neuigkeiten verbreiten sich schnell und es entstände so eine Art Wüstenfläche der kommenden Kontakte. An allen Enden würde es zischeln: "Rufus vom Grenzland hat einen Floh!"

Selbst wenn der arme Kater 8 Wochen lang mühselig mit „Gezieferweg“ behandelt wurde und so antiseptisch riecht, dass selbst die älteste Kätzin mit dem gestörtesten Geruchssinn reiß aus nimmt, würde er keinen anderen Zwinger besuchen dürfen. Er wäre geächtet und geschmäht. Keiner würde seinem Fell mehr trauen.  Es käme aber noch schlimmer!

 

Leben im Outback.

 

Nun nämlich schläge Ihrem Kater die Stunde der sonst nie beachteten Kätzinnen „Auskunststoffundriechtwieecht“ oder „Strohmarie“, es sei denn sie ignorieren sein jämmerliches Geheunze, wenn er Frühlingsgefühle bekommt.

Im schlimmsten Fall markiert er herzhaft aus Protest ein oder zwei Zimmerecken, falls nicht irgendeiner auf die glorreiche Idee mit der 6 Monatsspritze kommt, die sämtliche Liebesgefühle für diese Zeit der Enthaltsamkeit abtötet. Was Sie in diesem Moment womöglich nicht wissen ist, dass der Champion, Preisträger vieler Ausstellungen, dann gar nie mehr auf irgendwelche Liebesdinge reagieren könnte. 

Solche Spritzen können sehr vernichtend sein.

 

Die Lösung des Problems.

 

Also was gäbe es für Sie zu tun, damit sie nie in die besagte Lage kommen?

Die Lösung ist so einfach, wie zeitintensiv. Sie beobachten den Kater quasi rund um die Uhr.

Sollte dieser nie in den Garten gehen dürfen, dann reduziert sich diese Observierung auf die Zeit nach dem Besuch der Ausstellungen und anderer Katzendamen. Denn auch in dem saubersten Heim kann ein heimtückischer Winkel sein, besetzt mit gerade mal zwei Eckchen Fell aus Dackel Waldis Haaren auf denen es wiebelt und wabbelt.  Wenn Ihr sonst so träger Kater anfängt gar lustige Bockssprünge in der Wohnung zu machen und fangen mit seinem Schwanz spielt, ist es zu spät.

 

Manch einer guckt noch arglos zu und meint euphorisch: „Schaut nur Rufus hat seinen 2. Frühling, wie lieb...“ Aber NEIN! Hier ist ein Floh im Pelz. Definitiv.

So ein Kater den das Fell juckt kann bis zu 2 Metern aus dem Stand springen, sich auf dem Perserteppich heftig wälzen und noch in der dunkelsten Nacht werden Sie es hören, das „Kratt kratt kratt“. Ein Geräusch das entsteht, wenn Hinterpfoten am edlen Spitzohr schaben. 

Und glauben sie mir.

Dieses schaurige Geräusch wird sie bis in ihre tiefsten Träume verfolgen.

Vielleicht fragen sie sich bereits jetzt, woher ich das alles so genau weiß. Oder etwa nicht ?

 Hey! Aus Büchern natürlich, was sonst !

 

© Andrea Wunderlich